Zentrum für Weiterbildung (ZWB)

Die Unabhängigkeit der Wissenschaft als Voraussetzung der Autonomie der Universität

Zum Abschluss der Ringvorlesung „Wozu Universität?“ veranstaltete das Zentrum für Weiterbildung der Bergischen Universität im Programm des Studium Generale am 25. Januar 2018 in der City Kirche Elberfeld eine Podiumsdiskussion.

Mit dem Titel „Wozu Universität?“ wurde nicht allein die Relevanz der im Wintersemester fakultätsübergreifend reflektierten Formen universitärer Wissensproduktion hinterfragt, sondern auch die Möglichkeit von Universität überhaupt. Zum Abschluss der Vortragsreihe diskutierten deshalb die für das Programm des Studium Generale verantwortlichen Erziehungswissenschaftlerinnen, Prof. Dr. Rita Casale und Prof. Dr. Gabriele Molzberger, mit renommierten Gästen über das gegenwärtige Verständnis von Wissenschaft, das Verhältnis der Fakultäten untereinander und die gesellschaftliche Funktion der Universität.

Prof. Dr. Jürgen Mittelstraß, Direktor des Konstanzer Wissenschaftsforums, betonte zu Beginn der Diskussion, dass es die Einheit der Wissenschaften immer nur als „regulative Idee“ gegeben habe, wie sie u.a. in normativen Vorstellungen wissenschaftlicher Rationalität zum Ausdruck käme. Zur Wahrung ihrer Autonomie müsse sich die Universität ihrer genuinen Aufgaben, Forschung und forschungsnahe Lehre zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, bewusst sein.

Prof. Dr. Rudolf Stichweh, Direktor des „Forum Internationale Wissenschaft“ an der Universität Bonn, reflektierte die Frage der universitären Autonomie im Verhältnis zur Nähe bzw. zur Distanz, die die verschiedenen Disziplinen zu jenen gesellschaftlichen Bereichen unterhalten, die Gegenstand ihrer Analyse sind. Pointiert verwies er hierzu auf die enge Verflechtung der Wirtschaftswissenschaften mit der Ökonomie im Gegensatz zur Soziologie, die in ihren Untersuchungen zum Gangstertum nicht in beratender Funktion auftrete.

Rektor Prof. Dr. Lambert T. Koch hob hervor, dass es in seinem Amt vor allem darauf ankomme, das Spannungsverhältnis zwischen der akademischen Freiheit der einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und der Unabhängigkeit der Institution gegenüber äußeren Einflussnahmen durch wechselnde bildungspolitische Vorgaben auszutarieren. Er verdeutlichte dies an dem Bemühen, trotz der sogenannten leistungsorientierten Mittelverteilung, die Existenz von Fächern zu sichern, die in Bezug auf die vorgegebenen Indikatoren schlecht abschnitten.

Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts, deutete die Herausforderungen für die Wissenschaft durch die gesellschaftlichen Transformationsprozesse als Chance für eine „Wiederbelebung der Demokratie“: in einer positiven Wechselwirkung stelle sich die Wissenschaft einerseits den von außen an sie herangetragenen Problemen und trage andererseits wissenschaftliche Rationalitätskriterien in die Gesellschaft hinein. In einer Replik warnte Prof. Dr. Mittelstraß jedoch vor einer zu optimistischen Einschätzung, dass die Universität tatsächlich noch der zentrale Ort der kritischen Selbstwahrnehmung und Reflexion sei; häufiger sei zu beobachten, dass Universitäten selbst kein Bewusstsein für ihre eigenen Transformationsprozesse entwickelten.

Prof. Dr. Rita Casale sah im Hinblick auf gegenwärtige populistische, antiakademische Tendenzen und die weit verbreitete instrumentelle und moralistische Haltung gegenüber dem wissenschaftlichen Denken die Gefahr eines gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Rückfalls hinter die Errungenschaften der liberalen Gesellschaft. Für die Universität käme es darauf an, ihr eigenes Verständnis von Wissenschaft zu hinterfragen, wenn Bildung eine Wissensform zugrunde liegen solle, die nicht rein von Macht- und Marktverhältnissen bestimmt werde.

In diesem Sinne mochte Prof. Dr. Gabriele Molzberger, sowohl bezüglich ihrer Professur mit dem Schwerpunkt Berufs- und Weiterbildung als auch in ihrer Funktion als wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Weiterbildung, die Einbeziehung der Weiterbildung in das Programm der Universität nicht grundsätzlich als Verlust der universitären Autonomie verstehen. Weiterbildung scheine zwar ein Einfallstor für nachfrageorientierte und kostenpflichtige Bildungsangebote an den Universitäten zu sein, könne aber auch als „Schleuse“ begriffen werden für eine iterative forschungsorientierte wissenschaftliche Bildung, die Menschen zukünftig in unterschiedlichen Lebensphasen immer wieder an die Universität zurückführe. Das Verhältnis zwischen Universität und Weiterbildungssektor sei nicht als ein substituierendes, sondern als ein komplementäres zu verstehen.

Abschließend wurde die von der Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Maria Behrens moderierte Diskussion für das Publikum in der City Kirche geöffnet. Neben einer Nachfrage zur ethischen Verantwortung universitärer Forschung, problematisierte Prorektor Prof. Dr. Michael Scheffel die Schwierigkeit, die notwendige Spezialisierung im eigenen Fach mit der Forderung nach einer transdisziplinären und deliberativen Wissenschaft in Einklang zu bringen. Tatsächlich lasse sich Transdisziplinarität, so Prof. Dr. Mittelstraß, in den überkommenen universitären Strukturen nicht verwirklichen; er plädierte für die Einrichtung von wissenschaftlichen Zentren, gab aber zu, dass diese neuen Organisationformen vornehmlich von der Forschungsseite gedacht würden.

Mit der Vertiefung und Problematisierung des Verhältnisses von Transdisziplinärität und Spezialisierung, von akademischer Autonomie der Wissenschaft und ihrer gesellschaftlichen Funktion wird sich das Programm des Studium Generale in Zukunft weiter befassen. Die Ringvorlesung im kommenden Sommersemester ist der Wissensproduktion „Jenseits der Universität“ gewidmet.

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